Von Henriette Schwendler an Friedrich von Müller. Eisenach, 31. August 1819, Dienstag
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1819
Daß wir Sie, mein theurer Freund, das letztemahl hier verfehlt haben, ist noch
immer ein schmerzliches Gefühl für mich. Wir haben zwar unterdeßen gewonnen daß
die bewegte Zeit ruhiger geworden und die fantastischen Gebilde der Unglüksseher im Dunst
zerronnen sind, aber gern sehr gern hätten wir Sie dennoch gesprochen um unsre
gemäßigten Ansichten und Meynungen mit den Ihrigen zu vertauschen und überhaupt
um Ihren hellen Blick uns
offenbaren zu laßen. Daß jene UnglüksSeher zwar noch
nicht beruhigt sind und in der Verworrenheit ihrer Begriffe noch immer
Gott weiß was Alles vermuthen, dieß ist gewiß und darum empfehle ich
Ihrer Bekehrung
Carové ist nach Breslau abgegangen, dem Wunsche des Ministers Altenstein gemäß wird er wahrscheinlich dort seine Bestimmung finden; Obschon es meine Vaterstadt u der ganze Kreis meiner Familie jetzt dort vereint ist, so ist es mir doch schmerzlich, meine Lieblinge so weit von mir laßen zu müßen, bis zum nachsten Jahre bleibt Paulinen's Verbindung noch ausgesetzt .
Die neuesten Nachrichten welche ausgestreut wur |4 den hinsichtlich der Vereinigung von ganz Sachsen mit Preußen nach dem Tode des Königs von Sachsen , laßen vermuthen, daß dann wohl die Rheinlande zur Entschädigung dem jungen Thronfolger zum Theil werden gegeben werden. Für Preußen u für die Ruhe von Deutschland ist jene Vereinigung gewiß sehr wichtig.
Von dem Kronprinzen von Sachsen ist mir neuerdings ein Gedicht zu Gesicht gekommen welches er vor kurzem verfertigt hat u dem Herzog von Gotha geschickt. Eine recht schöne Phantasie aber spanisch katholisch, in dem Herzen des Protestantismus als wie Sachsen anzusehen ist, muß diesen Fürsten sehr unheimlich zu Muthe seyn.
Werden wir denn Ihre liebe Gemahlin in diesem Herbst noch als einheimisch bey uns besitzen? Antworten Sie ja, mit der Aussicht auch Sie dann wenigstens zu sehen. Ich freue mich daß Ihnen Adelbert so viel Freude macht u daß Sie seinen Aufenthalt in Schnepfenthal verlängert haben . Schwendler grüßt wie immer warm u treu, wir empfehlen uns u die unsrigen Ihnen u Ihrer Gemahlin freundlichstem Andenken.
Henriette Schwendler
Zitierhinweis
Von Henriette Schwendler an Friedrich von Müller. Eisenach, 31. August 1819, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1139