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B. den 28 Oct. 9.

Amanda! Ganz ohne Vorsatz nennt man seine Lieblinge gerade am vollsten und so will ich auch Sie bei Ihrem von selbst Liebe aussprechenden Namen anreden.

Nach meiner Gewohnheit liegen die Briefe, die ich beantworte, gerade vor mir, so wie jetzt der Ihrige , der mir ordentlich zur Vorschrift dienet.Ich bitte Sie, Amanda um mehr Vorschriften.Sie würden vielleicht noch einen Gut- und Schönschreiber, in meinen alten Tagen aus mir machen können.Recht viel Freude haben Sie mir in Ihrem lieben Briefchen gegeben u besonders in der Versicherung, daß Sie alle mich lieb haben, weil ich Sie für ganz aufrichtig und ehrlich halte.

Warum sollten Sie mich, der ich mein einziges Glück in der Liebe guter Menschen sehe, täuschen wollen? |2 Nein, Amanda kann das nicht und wird es nie können u Gott wolle auch nie kennen lernen.

Meinen Frühling hab' ich heuer, das wissen Sie, auf dem Lande zum Theil verlebt; der Zufall führte mich vor einigen Wochen auf den Münster von StrasburgAmanda, jeder Alleingenuß ist mir Kleingenuß.Wohl dacht' ich mir meine Freunde um mich herum, und sah an ihrer Seite von diesem göttlichen Tempel herunter; allein es fehlte mir die Wirklichkeit und es fehlte mir viel indem ich viel genoß.Ich möchte nichts halb, nichts allein, was mittheilbar ist auf dieser Erde.Das Beste gebe man mir, nur halb genieß' ich es, wenn nicht auch geben, oder nicht mittheilen ich darf.Selbst Ihre kindliche Liebe und diese am allerwenigsten, mag ich unerwiedert nicht verdienen, nicht lassen.

Noch lieber komm' ich der ausgezeichneten Zeichnerin, als der Zeichnerei wegen nach Meiningen ; aber ich weiß auch diese zu schätzen u hole sie, wenn es dem Himmel gefällig ist, im Jahr 1810.

Heute sag' ich für die doppelte "Bitte" und für die Zeichnung einstweilen recht herzlichen Dank.

Nichts störe Ihren Morgen des Lebens; meine Wünsche für Ihr Wohl werden nie im Widerspruch mit Ihren Verdiensten seyn und Sie, wie diese, stets begleiten.

Em.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Amanda Schlabrendorff. Bayreuth, 28. Oktober 1809, Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0477


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Textgrundlage

K: Slg. Apelt
1½ S. Auf S. 3 und 4 des Briefes von Amanda Schlabrendorff an Emanuel vom 28. Juli 1809.


Korrespondenz

B: Von Amanda Schlabrendorff an Emanuel. Meiningen, 28. Juli 1809

Konzept niedergeschrieben auf S. 3 und 4 des Briefes von Amanda Schlabrendorff an Emanuel vom 28. Juli 1809.