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Berlin d. 20.7.ber 1805

Meine liebe Caroline!

Herr v. Engelbronner hat am 14.7. ber Deinen Brief vom 11. August an mich abgegeben; u sich gestern, als er bey mir aß, mit dem Verlust seines Porte feuille entschuldigt. Wundere Dich also nicht, daß ich Dich um Antwort gemahnt habe. Auch hat meine Frau Deinen Brief, den Du dem Criminal Rath Dörffler mitgegeben hast , erst vor 8 Tagen, durch Herrn Geheimen R. Pfeiffer erhalten, der für gut gefunden hat, dem Herrn Döffler die Mühe der eignen Einhändigung zu ersparen. – Von einem Briefe durch den General von Kropff ist mir gar nichts zugekommen.

Nun zu Deinem Briefe vom 11. August – Es ist mir äußerst unangenehm, daß Herr Mahlmann Dir noch nicht geschrieben hat; u ich begreife ihn nicht, da er auch mir nicht antwortet. Wenn Genialitaet u Geschäfts Scheu immer so verbunden wären, so möchte man sich die Genies überall verbitten, oder es müßen Ihnen Curatoren gesetzt werden. – Fast aber halte ich auch Dich in Verdacht der Geschäfts Scheu. Denn ich denke, Du müßtest aus dem was vor Deiner Abreise aus Berlin niedergeschrieben ist, u was Du besitzest, Dich leicht von demjenigen haben unterrichten können, was jetzt |2 zur Grundlage meiner Auseinandersetzung mit Herrn Mahlmann gehört. Wie kannstu also sagen: ich weiß nicht was ich habe. Willst Du also auch aus andern Rücksichten blindlings unterschreiben, worüber ich Dein Gefühl ehre; so thue mir doch in Bezug auf mich die Freundschaft, und informire Dich genau. Sonst sollte es mich reuen, daß ich mir die Mühe gegeben habe, Dich u Deine Schwestern über Euer Mutter Guth auseinanderzusetzen . Theile auch Deine Überzeugung an Herrn Mahlmann mit. Denn ich will nicht von den Allmosen eines bloßen Vertrauens des Herrn Mahlmann leben, u gleichwohl wird er sich gewiß nicht die Mühe geben, die Papiere seiner verstorbenen Frau zu untersuchen.

Die verlangten Taßen werde ich mit erhältst Du mit diesem Briefe; u bitte ich sie als ein Geburtstags Geschenk von mir anzunehmen. Mögen sie Dich spät an die Vergänglichkeit aller Dinge erinnern.

Deine Nachricht von den Stubenrauchschen Töchtern ist nicht gantz richtig. – Die älteste ist nur noch, und auch noch nicht einmal öffentlich genannte, Braut des ältesten von Raumer aus Dessau , der hier Cammer Assessor ist. Die 2te ist in Heiligenstadt an den Cammer Director Borsche verheyrathet, u die 3te an einen hiesigen |3 Assesor Ludolff.

Andere Neuigkeiten bestehen in dem unglücklichen Tode der ältesten von den verheyratheten Scheiblerschen Töchtern , die sich in einem Anfall von Wahnsinn aus dem Fenster gestürzt hat.

Ferner in der 3ten Heyrath des Geheimen Rath Le Coq, der eine D lle Müller zur Struenseeschen Familie gehörig geheyrathet hat. –

Herr Philippi ist noch nicht hier; u wir sehnen uns nach ihm, weil die Arbeit überhäuft ist.

Deinen Herrn Ruprecht haben wir hier so viel an uns ist, zu empfehlen gesucht; u ich glaube, er wird mit der Zeit seine Rechnung hier wohl finden. – Freylich ist er noch kein Schröder .

Er hat meine Frau in Pastel gemahlt; soll auch mich mahlen; u Du sollst Zeichnungen von seiner Arbeit von uns beyden erhalten.

Herr v. Engelbrönner hat mir sehr gefallen; u mir viel Liebes von Deinem Mann u Kindern gesagt.

 – In diesem Augenblick, liebe Caroline, erhalte ich den SchlußStein meines fünfjährigen Gebäudes. Die Unterthanen zu Sanne haben sich auf meine Klage erklärt, daß sie keinen Prozeß haben, sondern |4 die ErbPacht aufgeben wollen, u in diesem Augenblick hat das Cammergericht die Rükgabe des Guths an mich verfügt. ich gehe deßhalb in einigen Tagen nach der Altmark; u in 4. Wochen wirst Du von mir nichts hören. Freue Dich mit mir des glücklich bestandenen Übels, welches uns bloß 800 rth kostet, die wir auf Bitte der Unterthanen aufopfern, um sie nicht zu ruiniren. Jetzt gehts zum Verkauf des Guths, welches bey den jetzigen Preißen der Grund Stücke, meine bloß für Euch übernommene Bemühungen, wohl belohnen wird. Auf alle Fälle können wir es doch nun verkauffen, wogegen sich bisher niemand darauf einlaßen konnte; so daß eine unseelige Gemeinschaft geblieben wäre, die vollends alle meine schon ins Weiß grinsenden Haare gebleicht hätte.

Lebe wohl; grüße Deinen lieben Mann u Kinder u liebe

Deinen
treuen Vater
Mayer

Meine Frau grüßt hertzlich. Sie gehet nach Meklenburg zu einer Freundin, und ich hole sie aus Neustadt an der Dosse wieder ab.

Zitierhinweis

Von Johann Siegfried Wilhelm Mayer an Caroline Richter. Berlin, 20. September 1805, Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0351


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 4 S. Anstreichungen vfrH.