Von Jean Paul an Pawlowna Katharina. Bayreuth, 13. August 1814.
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Erlauben Ew. H[oheit] eine Bitte, welche zu
kühn sein würde,
wäre sie nicht an die hohe Regentin
gerichtet, welche wie die Göttin394,35
Pallas, zugleich die
Wissenschaften und die Waffen beschützt.
Im April wagte ich eine ähnliche Kühnheit, indem ich an den395,1
erhabenen Bruder Ew. K[öniglichen]
H[oheit], den Kaiser Alexander,
den bittenden Brief absandte, dessen Abschrift hier beiliegt.
Vor
den russischen Thron — diesen glänzenden Montblanc unter den
europäischen Thronhöhen — wagte doch ein Deutscher zu einer
Zeit,
395,5
wo das Glück Europa’s und des Jahrhunderts entschieden
wurde,
die Bitte um sein kleines zu bringen.
Aber der Brief ging vielleicht verloren, oder blieb eine unbemerkte
Welle im Meere von Bitten, das den eben so liebenden als
mäch
tigen Alexander ewig umringt.
Jedoch die Welle wird bemerkt: so-
395,10
bald die erhabene Schwester des
erhabenen Bruders es will [?],
welche in Europa gleich sehr bewundert und geliebt, immer an
den
Thron erinnert, der einigen glücklichen Fürsten Schönheiten,
und
allen Deutschen Friede und Freiheit gab. Möge die
Freundin der
Menschen wie der Wissenschaften meine Bitte und
Hoffnungen395,15
erhören, wenigstens verzeihen.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Pawlowna Katharina. Bayreuth, 13. August 1814. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_912
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
K 1 (Konzept, nach Nr. 908): F O-d-b-rg-l-k-z (Überschrift gestr., die letzten drei Buchstaben nicht deutlich lesbar; Fürstin Oldenburg?) K 2 (von Karolinens Hand): Herzogin v Oldenburg d. 13 Aug. K 1 lautet: Reise hierdurch — Bad — es ist schwerer ein Friedens als ein Kriegsgott zu sein — Im Strome übersieht man leicht eine Welle — Die Schönheit beschützt die Dichtkunst, die sie besingt — Seeligkeit, von einem Welttheil und von der Nähe zugleich geliebt zu werden — Mein Wunsch, sie zu sehen, damit ich die nicht mehr beneide, die sie gesehen. In der Nähe unterscheidet sich das Lob nicht von der Schmeichelei und oft mag sogar das Lob sich verbergen, um für keine angesehen zu werden; in der Ferne ists umgekehrt. — Polymeter: sie wurde beraubt; und Europa war [?] gerettet. — Frühling Anfang, Mai — das Schwesterwort ans Bruderherz — Schrieb’ ich ohne Absicht der Übergabe, so wollt ich viel Schönes sagen, aber ich muß es leider nur hören, da ich sie nicht kenne [gestr. Einkleidung wie an Bernad. d. h. wie in dem Schreiben an Bernadotte vom Aug. 1806] Eine Gewißheit — eine Prophezeiung — eine Bitte — 1 Furcht [gestr. 7 Tage — 5 Akte] — Treffer — Musen — Schöpfungstage — Jahrzeiten —
Katharina Pawlowna, Großfürstin, Schwester Kaiser Alexanders, Witwe des 1812 verst. Herzogs Georg Peter Friedrich von Oldenburg, 1816 in zweiter Ehe mit dem Kronprinzen, späteren König Wilhelm von Württemberg verheiratet, hatte auf der Reise über Böhmen zum Wiener Kongreß am 13. Juli 1814 Bayreuth passiert.