Von Jean Paul an Karl Ludwig von Knebel. Bayreuth, 24. März 1810.
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Verehrter Freund! Wenn Sie nur so viele Briefe an mich
schrieben als ich Bücher an Sie: so wär’ ich froh und dankbar;
denn ich hätte 3 Briefe mehr bekommen, nämlich für Schmelzle,
92,30
Katzenberger und Daemmerungen; — und in allen dreien einige
kritische Worte von meinem so geachteten Kunstrichter.
Gibts
denn keine Brieffedern und Postpferde mehr in der
Welt? Post
meister wenigstens genug, da
jeder Fürst jetzt einer ist. Wie sehn’
ich mich, nur einen Tag
lang mit Ihnen über die lusus naturae93,1
et
diaboli der jetzigen Zeit zu reden! Auch über die literarischen
Naturspiele möcht’ ich Sie hören, z. B. über die
Wahlverwandt-
schaften, für welche ich beinahe ein
öffentliches Wort gegen den
Hallischen Halloren gesprochen
hätte, ob mir gleich auch das ideale
93,5
Ehebrechen darin nicht gefällt. Reelles wäre viel
sittlicher.
Wenn Sie mir, theuerster Freund, die Freude eines Briefes
machen, so verdoppeln Sie doch solche, indem Sie einige Ihrer
Gedichte beilegen. Mir gefallen Gedichte jetzt immer seltner; und
daher muß ich nach seltnen wie die Ihrigen, jagen.93,10
Leben Sie wol; ich grüße herzlich Frau und Sohn.
Jean Paul Fr. Richter
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Karl Ludwig von Knebel. Bayreuth, 24. März 1810. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_242
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Kestnermuseum, Hannover. 3 S. 8°; 4. S. Adr.: Herrn Major v. Knebel/ Jena. K: Knebel 24. März. J: Knebel Nr. 11. 93, 2 et diaboli] nachtr. H 5 ideale] nachtr. H
Durch Henriette von Knebel spediert. Halloren: die Rezension der Wahlverwandtschaften in der Hallischen Allg. Literaturzeitung, 1. Jan. 1810, Nr. 1. Vgl. Nr. 175†.