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Korrespondenz

Von Jean Paul an Caroline Herder. Meiningen, 18. März 1802.

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Meiningen d. 18. März 1802.
138,28

Wie kan ich Briefe und Bücher zugleich beantworten? — Über die
2 Adrasteen allein brauch’ ich ein Paar Abendessen bei Ihnen, um 138,30
nur zu sagen, wie sie mir gefallen. Aus der 3ten — die ich verliehen —
entsinn’ ich mich noch unter den poetischen Stücken des schönsten und
richtigsten Gedichts, das die Weiber je von Dichtern erhalten (Adams
Traum) und der zwei ersten Legenden. Die Abhandlung über die Fabel,
Allegorie, den Roman (als einen Wiederschein des Traums) und über138,35
das Trauerspiel unterschreib’ ich bewundernd. Die Oper der Oper139,1
ist köstlich und unerwartet; wie des Persius schweres Problem ge-
löset. Überhaupt scheinen die beiden lezten Adrasteen mit noch grösserem
Feuer und einer Kraft geschrieben, von der man sich eine grössere
Gesundheit verspräche als leider wie ich höre blieb. Aber was hab’139,5
ich mit allem diesen gesagt als höchstens Ja? Im Frühling, unter
Ihrem Dache lässet sich eher ein breites Wort sagen. Herzlich dank’
ich für Ihr Anbieten Ihrer Superintendur[!]; aber es wäre zu stark,
es anzunehmen. — Mit meiner C. wolt’ ich auch nach Leipzig reisen,
damit sie ihren Vater und die Schwestern sähe; aber alle Zeichen, die 139,10
eine lang gewünschte Veränderung verkündigen, scheinen diese Reise
abzurathen.


In 3 oder 4 Wochen komt der Titan. — Fr. v. Kalb war hier;
ganz dieselbe in Kraft, Geist und — Traum; die arme schwimt in
ihrer Fluth und hält sich an jeden Zweig, der neben ihr — mit139,15
schwimt.


Ich schreibe eiligst, um den H. Müller nicht zu versäumen, bei
dessen Berichten von Weim[arschen] Kriegstroublen man erst recht
den Meininger Frieden fühlt.

Ich machte mit dem Herzoge eine Reise durch das Oberland, as 139,20
zweimal in Hildburghausen am Hofe, sah die blühende F[euchters-
leben],
sprach sehr mit ihr und sagte stil: Gott sei Dank!


Möge die Gesundheit unter allen möglichen Gästen ewig unter
Ihrem Dache bleiben! Grüsse und Wünsche des Herzens von C. und
mir an Sie alle!139,25

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Caroline Herder. Meiningen, 18. März 1802. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=IV_249


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952. Briefnr.: 255. Seite(n): (Brieftext) und (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Goethe- u. Schiller-Archiv. 3 S. 8°; auf der 4. S. Adr.: Frau Präsidentin v. Herder. K: Die Herder — J: Herders Nachlaß Nr. 46. B: IV. Abt., IV, Nr. 209 und 215. A: IV. Abt., IV, Nr. 225. 138,34 zwei] aus beiden H 139,2 wie] aus und H 7 breites] nachtr. H 15 neben ihr] nachtr. H 22 sehr] nachtr. H

Karoline hatte das 3. und 4. Stück der Adrastea geschickt und dazu geschrieben: „Mein Mann ist begierig Ihr Urtheil zu hören, ob er seine Absicht ... erreicht habe, nämlich ‚von jeder Dichtungsart einen reinen bestimmten Begriff zu geben‘. O sagen Sie uns bald, was Sie vom Pygmalion (an dem auch Sie der Wieder Erwecker sind), von den Allegorieen, von der Oper, von dem Trauer- und Lustspiel nach dem Aristoteles hoffen?“ Vgl. 190, 32f. 139, 7f. Karoline hatte ihm, wenn er nach Weimar komme, ihr Haus als Logis angeboten; s. die Nachschrift von Nr. 289. 14–16 Vgl. I. Abt., X, 247, 33–35 .